Mikroalgen So gesund ist die Wunderalge Spirulina
Sie stärkt das Immunsystem, schützt vor Krebs und ist voller Vitamine – die Blaugrünalge Spirulina wird als Wundermittel angepriesen. Doch ist sie das wirklich? Wir verraten, welche Vorteile und welche Nebenwirkungen Spirulina hat.
30.09.2021 , 15:32 Uhr
Spirulina wird auch Blaualge genannt. Genaugenommen handelt es sich jedoch nicht um eine Alge, sondern um sogenannte Cyanobakterien. Sie sind die ältesten Lebewesen der Welt und wachsen in Meerwasser und Süßwasser. In den letzten Jahren hat Spirulina als Nahrungsergänzungsmittel an Beliebtheit gewonnen.
Was ist Spirulina?
Spirulina wächst überwiegend in Salzseen mit einem hohen pH-Wert und besiedelt flache, warme Gebiete. Wild kommt die blaugrüne Alge in Gewässern in Mittelamerika, Afrika, Australien und Südostasien vor. Vom Volk der Kanembu am Tschadsee in Afrika und von den Azteken am Texcoco-See im heutigen Mexiko wurde Spirulina schon vor Jahrtausenden als Nahrungsmittel verwendet.
Damit aus der Spirulina Alge ein Nahrungsergänzungsmittel in Pulver-, Tabletten- oder Kapselform hergestellt werden kann, wird es in flachen, künstlich angelegten Aquakulturen gezüchtet und zur Weiterverarbeitung aus dem Wasser gefiltert. Den Kapseln und Tabletten der Mikroalge werden gesundheitsfördernde Kräfte nachgesagt. Sie soll das Immunsystem stärken und das Krebsrisiko senken. Proteinreich und nährstoffreich soll das Superfood außerdem jung halten, Allergien mildern, den Blutdruck und den Cholesterinspiegel senken und vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen.
Spirulina hat einen hohen Anteil an Vitamin B12, das sonst nur in tierischen Quellen gefunden werden kann. Außerdem enthält die Wunderalge einen hohen Proteinanteil, Nährstoffe wie Eisen, Kalzium, Selen, Magnesium und β-Carotin und den gesunden Pflanzeninhaltsstoff Chlorophyll.
Das sind die Inhaltsstoffe der Alge:
- Über 55 Prozent Protein
- Beta-Carotin, eine Vorstufe von Vitamin A
- B-Vitamine
- Vitamin E
- Kalzium
- Eisen
- Magnesium
- Selen
- Chlorophyll
- Alle essentiellen Aminosäuren wie Histidin, Isoleucin, Lysin und Valin
- Essentielle Fettsäuren wie die Gamma-Linolensäure
Gerade essentielle Aminosäuren und seltene Omega-6-Fettsäuren sind für eine vollwertige Ernährung von großer Bedeutung. Die essentiellen Nährstoffe können nicht vom Körper gebildet werden und müssen über die Ernährung zugeführt werden.
Doch was ist wirklich dran an den gesundheitsfördernden Aspekten von Spirulina? Zwar stimmt es, dass die Spirulina Alge gesunde Nährstoffe enthält, doch eine wissenschaftliche Bestätigung der gesundheitsfördernden Wirkung auf den menschlichen Körper gibt es nicht. Positive Auswirkungen konnten bisher nur bei Tierversuchen nachgewiesen werden. Solche Studien lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die Wirkung von Spirulina im menschlichen Körper zu.
Wie wirkt Spirulina im menschlichen Körper?
Spirulina verspricht Großes: Sie soll den Alterungsprozess verlangsamen, vor Infektionen und Viruserkrankungen schützen, das Krebsrisiko verringern, Allergien mildern und das Herz-Kreislauf-System gesund halten. Doch Studien, die diese Versprechungen bestätigen, gibt es nicht. Lediglich positive Auswirkungen auf die Tiergesundheit fanden Forscher heraus.
Diese positiven Auswirkungen, die bei klinischen Studien mit Tieren festgestellt wurden, müssten erst in aussagekräftigen Studien am Menschen wiederholt werden. Da die gesundheitsfördernden Eigenschaften wissenschaftlich nicht bewiesen sind, dürfen Hersteller von Spirulina-Kapseln und Tabletten strenggenommen nicht damit werben. Das regelt die Health-Claims-Verordnung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Wissenschaftlich bewiesen sind nur die gesundheitsfördernden Eigenschaften der einzelnen Nährstoffe und Vitamine von Spirulina. Beta-Carotin unterstützt als Vorstufe von Vitamin A das Immunsystem, die normale Sehkraft, den Eisenstoffwechsel, eine gesunde Haut und hilft bei der Erhaltung der Schleimhäute – sofern der tägliche Bedarf von 800 Mikrogramm gedeckt wird.
Vitamin E, Vitamin B2 und Selen schützen den Körper vor oxidativen Stress, der von den sogenannten freien Radikalen ausgelöst wird, wenn diese in zu hoher Anzahl im Körper vorhanden sind.
Mit dem hohen Gehalt an Vitamin B12 dürfen Verkäufer von Spirulina-Präparaten dagegen nicht werben. Zwar enthält die Blaualge einen hohen Anteil des Vitamins, dieses kann der Körper zum Großteil jedoch nicht verarbeiten. Werden nicht mindestens 30 Prozent des empfohlenen Tagesbedarfs von Vitamin B12 gedeckt, dürfen Hersteller für Spirulina-Produkte nicht mit dem enthaltenen B12-Anteil werben.
Gleiches gilt für den „besonders hohen“ Proteinanteil. Der Proteinanteil liegt zwar tatsächlich bei über 55 Prozent, doch bei der empfohlenen Tagesmenge von vier Gramm, macht das gerade einmal 2,2 Gramm Eiweiß. Ein Bruchteil des täglichen Eiweißbedarfs.
Ein erwachsener Mann benötigt rund 60 bis 70 Gramm Eiweiß pro Tag. Über die Ernährung kann der Eiweißbedarf besser gedeckt werden als mit Spirulina. Die meisten Lebensmittel – auch rein pflanzliche Lebensmittel – enthalten in der Gesamtmenge mehr Proteine als ein paar Spirulina-Tabletten.
Wozu verwendet man Spirulina?
Sonnenenergie in Kapselform, reich an pflanzlichem Vitamin B12, Mineralstoffen und essentiellen Fettsäuren und Aminosäuren – mit dieser Nährstoffdichte sollte man meinen, Spirulina ist eine Wunderalge. Neben Tabletten und Kapseln ist die Alge auch in Pulverform erhältlich und kann verschiedenen Gerichten beigemischt werden.
Als Superfood eignet es sich in Smoothies, als Aufstrich, in selbstgemachter Eiscreme, in Pudding, Suppen oder im Müsli. Mit etwas Kreativität kann Spirulina-Pulver in den verschiedensten Gerichten zum Einsatz kommen.
Der Einfluss auf die Gesundheit ist zwar nicht zweifelsfrei bewiesen, aber auf die Farbe des Essens wird das grüne Pulver garantiert einen Einfluss haben. Die Spirulina-Cracker mit Mandeln oder die Bowl mit Quinoa, Avocados und Chia-Samen erstrahlen dann durch den Inhaltsstoff Chlorophyll in sattem Dunkelgrün.
Wie gesund ist Spirulina?
Die regelmäßige Einnahme eines Spirulina-Präparats soll diese gesundheitsfördernden Wirkungen haben:
- Versorgt den Körper mit Proteinen, Nährstoffen und allen essentiellen Aminosäuren
- Stärkt das Immunsystem
- Senkt den Blutdruck
- Verbessert den Cholesterinspiegel
- Verringert das Krebsrisiko
- Wirkt entgiftend
- Senkt den Blutzuckerspiegel
- Mildert Allergien
Allerdings gibt es nicht genügend Studien, die diese Aussagen belegen. Darauf weißt die Verbraucherzentrale hin. Weder Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel noch positive Eigenschaften auf das Herz-Kreislauf-System wurden in repräsentativen Studien bestätigt.
Stattdessen kann die Einnahme eines Präparats für Menschen mit Phenylketonurie, einer angeborenen Stoffwechselstörung, gefährlich werden. Allergische Reaktionen sind ebenfalls möglich. Die Einnahme sollte beim Auftreten von Juckreiz oder Hautausschlag sowie Symptomen wie Übelkeit oder Durchfall sofort abgebrochen werden.
Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein, haben Sie eine Autoimmunerkrankung oder eine andere Vorerkrankung, sollten Sie sich vor Einnahme eines Spirulina-Präparats von einem Arzt beraten lassen.
Wie oft sollte man Spirulina einnehmen?
Die Alge Spirulina wird in Form von Kapseln, Tabletten, als Pulver oder als Flocken verkauft. Hersteller empfehlen die Einnahme von vier Gramm Spirulina pro Tag. Das entspricht etwa sechs bis zehn Tabletten oder zwei Teelöffeln des Pulvers. Eine höhere Dosis ist möglich.
Sie können Spirulina als Kur über einen Zeitraum von ein bis drei Monaten einnehmen oder Ihre Ernährung durchgehend mit der Blaualge ergänzen. Ob Sie eine einmalige Dosis am Tag einnehmen oder die Tabletten über den Tag verteilen, ist Ihnen überlassen.
Spirulina-Kapseln oder Tabletten können Sie unkompliziert mit etwas Wasser einnehmen. Bei Pulver oder Flocken stehen Ihnen viele Möglichkeiten offen: Mischen Sie das Pulver ins Müsli, backen Sie Spirulina-Kekse, verfeinern Sie Suppen oder trinken Sie das grüne Pulver einfach mit Wasser gemischt.
Wo kann man Spirulina kaufen?
Spirulina können Sie in der Apotheke, im Reformhaus oder im Drogeriemarkt rezeptfrei kaufen. Auch im Internet gibt es zahlreiche Anbieter. Achten Sie darauf, welche Inhaltsstoffe das Präparat beinhaltet und wo die Alge angebaut wurde. Unseriöse Hersteller strecken Präparate mit unnötigen Zusätzen.
Ihr Nahrungsergänzungsmittel sollte bestenfalls aus kontrolliertem, biologischen Anbau stammen. Größere Anbaugebiete liegen auf Hawaii, in China und in Indien. In den gleichbleibenden, warmen Temperaturen wird die Alge in großen, flachen Zuchtbecken unter direkter Sonneneinstrahlung kultiviert.
Es sind auch Spirulina-Präparate aus deutschen Kulturen im Handel erhältlich. Diese werden in Gewächshäusern gezüchtet. Bei Spirulina-Produkten aus Deutschland oder der EU können Sie sicher sein, dass diese keine Schadstoffe enthalten. Bei deutschen Händlern, die im Ausland produzieren, sollten Sie prüfen, ob die Qualität der Produkte regelmäßig und unabhängig kontrolliert wird.
Was ist der Unterschied zwischen Chlorella und Spirulina?
Eine Alternative zu Spirulina ist Chlorella. Bei Chlorella handelt es sich um eine Süßwasseralge, eine Grünalge. Spirulina zählt dagegen zu den Blaualgen. Chlorella wächst in Süßgewässern weltweit und ist wie Spirulina so klein, dass sie mit dem bloßen Auge nicht erkennbar ist.
Mit 10 Mikrometern wächst Chlorella jedoch doppelt so groß wie Spirulina. In großer Anzahl schimmert das Wasser dunkelgrün. Als Nahrungsergänzungsmittel für den europäischen Markt wird die Alge im großen Stil in Sachsen-Anhalt kultiviert.
Im direkten Vergleich der Inhaltsstoffe liegt Spirulina vorne: Die Alge hat einen höheren Gehalt wichtiger Nährstoffe, Aminosäuren und Mineralstoffen. Zur Ausleitung von Giftstoffen soll Chlorella die bessere Wahl sein.
Durch die dickeren Zellwände kann Chlorella angeblich unerwünschte Stoffe im Darm binden und aus dem Körper leiten. Der höhere Anteil an Chlorophyll soll bei der Reinigung des Blutes helfen. Bewiesen sind diese Werbebotschaften wissenschaftlich nicht.
Wer darf Spirulina nicht nehmen?
Bei Phenylketonurie darf das Nahrungsergänzungsmittel Spirulina nicht eingenommen werden. Menschen mit dieser angeborenen Stoffwechselstörung müssen sich streng eiweißarm ernähren. Menschen mit bestimmten Autoimmunerkrankungen sollten Spirulina ebenfalls meiden. Spirulina könnte die Wirkung von Immunsuppressiva abschwächen, warnt das amerikanische National Institutes of Health (NIH).
Aufgrund fehlender Studien der Wirkung und Verträglichkeit, sollten stillende und schwangere Frauen die Alge nicht als Nahrungsergänzungsmittel während Schwangerschaft und Stillzeit einnehmen. Bei Unsicherheiten und Bedenken sowie Vorerkrankungen sollten Sie vor der Einnahme einen Arzt fragen.
Welche Nebenwirkungen hat Spirulina?
Die einen sind von der gesundheitsfördernden Wirkung überzeugt, die anderen halten es für ein Placebo. Stammt das Nahrungsergänzungsmittel aus kontrolliertem Anbau, gilt es als unbedenklich. Bei der regelmäßigen Einnahme von Spirulina drohen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Lediglich allergische Reaktionen sind möglich.
Spirulina kann in seltenen Fällen Hautausschläge und Juckreiz oder sogar starke allergische Reaktionen wie Übelkeit und Durchfall auslösen. In diesem Fall sollten Sie die Einnahme des Präparats absetzen. Allergiker sollten vor der Einnahme ihren Arzt konsultieren. Für Menschen mit Phenylketonurie ist Spirulina nicht geeignet, da es Phenylalanin enthält, welches Menschen mit dieser Stoffwechselerkrankung nicht abbauen können.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Gesundheit.
Achten Sie beim Kauf eines Präparats auch auf den Hersteller: Spirulina nimmt Schwermetalle aus dem Wasser auf, in dem es wächst. Kaufen Sie deswegen nur hochwertiges Spirulina aus kontrolliertem Anbau. Stiftung Warentest warnte 2011 vor Algenpräparaten. In drei getesteten Produkten mit AFA-Algen konnten giftige Microcystine nachgewiesen werden.
Diese Toxine können Leber, Niere und Gehirn angreifen und das Krebsrisiko steigern. Doch AFA-Algen unterscheiden sich von Spirulina: Im Gegensatz zur Grünen Spanalge, kurz AFA, wird Spirulina aus künstlich angelegten Aquakulturen gewonnen. Die Wasserqualität wird streng kontrolliert. AFA-Algen werden wild aus dem Klamath Lake im US-Bundesstaat Oregon gewonnen.
Hier finden Sie alle Infos zur Blaualge.
Dieser Artikel stammt vom 30. April 2020 und wurde aktualisiert.
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